Παρασκευή 28 Φεβρουαρίου 2020

HIRTENBRIEF ZUM BEGINN DER HEILIGEN GROBEN VIERZIGTAGIGEN OSTERLICHEN FASTENZEIT (2020)

Ecumenical Patriarchate
Hirtenbrief zum Beginn der heiligen großen vierzigtägigen österlichen Fastenzeit (2020)
+ Bartholomaios
durch Gottes Erbarmen Erzbischof von Konstantinopel, dem Neuen Rom,
und Ökumenischer Patriarch dem ganzen Volk der Kirche
Gnade und Friede von Christus, unserem Erlöser,
von uns aber Fürsprache, Segen und Vergebung

Mit einem Dankhymnus an den Gott der Liebe treten wir wiederum ein in die heilige große Fastenzeit, in die Rennbahn der asketischen Kämpfe, des Fastens und der Enthaltsamkeit, der Nüchternheit und der geistlichen Wachsamkeit, der Bewahrung der Sinne und des Gebetes, der Demut und der Selbsterkenntnis. Es beginnt der Pilgerweg zum heiligen Pas’cha, das uns „die Tore des Paradieses geöffnet hat“. In der Kirche und als Kirche schauen wir zum auferstandenen Herrn der Herrlichkeit auf und beschreiten alle gemeinsam den Weg der Vergöttlichung durch Gnade, jenen Weg, der uns zu den überhimmlischen Gütern führt, zu den Gütern, „die Gott denen bereitet hat, die ihn lieben“ (1 Kor 2,9).
In der Kirche, in der „das immerwährende Mysterium“ des göttlichen Heilshandelns „vollzogen wird“, hat alles ein unerschütterliches theologisches Fundament und einen rein soteriologischen Bezug. Die Menschwerdung Gottes und die Vergöttlichung des Menschen sind die Pfeiler des orthodoxen Glaubens. Wir gehen inmitten der Liebe Christi unserer ewigen Bestimmung entgegen. Unser Gott, – der, der „immer für uns da ist“ – ist nicht eine „höhere Gewalt“, verschlossen in die Transzendenz und Erhabenheit Seiner Allmacht und Heiligkeit, sondern Gottes vorewiges Wort, „das unsere Gestalt angenommen hat“, um die Menschheit in die Gemeinschaft mit Seiner Heiligkeit, in die wahrhafte Freiheit zu rufen. Der von Anbeginn „durch Freiheit ausgezeichnete“ Mensch ist aufgerufen, in Freiheit diese göttliche Gabe zu empfangen. In dem gottmenschlichen Mysterium der Erlösung geschieht die Mitwirkung des Menschen auch als Bezeugung der erfahrenen Wohltat in der Welt – „Was hast du, das du nicht empfangen hast?“ (1 Kor 4,7) – durch die „nicht das Ihre suchende“ Bruderliebe.
Die heilige große Fastenzeit ist par excellence die Zeit der Erfahrung der uns von Christus geschenkten Freiheit. Fasten und Askese sind nicht von außen aufgezwungene Disziplin und Fremdbestimmung, sondern ein freiwilliges Respektieren der kirchlichen Praxis, Gehorsam gegenüber der kirchlichen Tradition, die nicht toter Buchstabe, sondern lebendiger und verlebendigender zeitübergreifender Ausdruck der Einheit, der Heiligkeit, der Katholizität und der Apostolizität der Kirche ist. Die Sprache der Theologie und der Hymnologie bezieht sich auf die „mit Freude erfüllende Trauer“ und auf den „Frühling des Fastens“. Der wahre asketische Geist ist immer eine Quelle der Freude, trägt die Kraft des Frühlings und den Glanz des Lichtes. Die wahre Askese kennt keine dualistischen Trennungen, sie verachtet nicht das Leben und die Welt. Eine „traurigmachende Askese“, die zur „Auszehrung der menschlichen Natur“ führt, hat mit dem Geist der Orthodoxie, in dem das asketische Leben und die Spiritualität von der Auferstehungsfreude bestimmt werden, nichts zu tun. In diesem Sinn enthalten das Fasten und die Askese einen alternativen Lebensentwurf gegenüber einem Wohlstandsdenken, das trügerische Heilsvorstellungen verspricht und dem nihilistischen Pessimismus.
Ein wesentliches Element der orthodoxen asketischen Spiritualität ist auch ihre soziale Ausrichtung. Der Gott unseres Glaubens ist „ein durch und durch sozialer Gott“, „ein Gott der Beziehungen“. Sehr treffend hat man gesagt, die Heilige Dreieinigkeit sei „die Leugnung des Alleinseins“. Die Individualisierung der Erlösung und der Glaubenspraxis sowie die Umwandlung der Askese in eine individuelle Leistung verkennen den trinitätsbezogenen Charakter des kirchlichen Ereignisses. Wenn wir für uns selbst und nach unserem eigenen Maßstab fasten, bringt das Fasten nicht mehr den Geist der orthodoxen Tradition zum Ausdruck. Die Spiritualität ist eine lebenspendende Gegenwart des Heiligen Geistes, der immer ein „Geist der Gemeinschaft“ ist. Das wahre orthodoxe geistliche Leben bezieht sich immer auf die Verkirchlichung unserer Existenz und nicht auf eine „spirituelle Selbstverwirklichung“.
Da die Heilige Große Kirche Christi dieses Jahr „der pastoralen Erneuerung und der notwendigen Sorge für die Jugend“ widmet, rufen wir folglich die orthodoxen Jugendlichen dazu auf, an den geistlichen Kämpfen der Großen Fastenzeit teilzunehmen, damit sie ihre anthropologische tiefgreifende Bedeutung und ihren befreienden Geist erfahren und verstehen, dass die orthodoxe Askese ein Weg der Freiheit und der existentiellen Vervollkommnung im Rahmen des gesegneten kirchlichen Lebens, dessen Kern das „Wahrhaftig-Sein in der Liebe“ bildet, ist. Die orthodoxe Jugend wird dazu eingeladen, den umfassenden Charakter des Fastens, das im Triodion als „Anfang der geistlichen Kämpfe“, als „Nahrung der Seele“, als „Mutter aller Güter und Tugenden“ besungen wird, zu entdecken. Fasten bedeutet nicht nur den Verzicht auf bestimmte Speisen, sondern Kampf gegen die Eigenliebe und die Selbstgefälligkeit, Sensibilität für den leidenden Mitmenschen und tatkräftige Hilfe für diesen, eucharistischer Gebrauch der Schöpfung, existentieller Reichtum, Lebensgemeinschaft und Solidarität. Askese, Fasten, Gebet und Demut verbreiten den Duft und das Licht der Auferstehung, von der sie ihren Sinn und ihre Ausrichtung beziehen. Als Quintessenz des kirchlichen Lebens und seiner eschatologischen Orientierung, die Auferstehung verbindet das Leben der Askese untrennbar mit der Göttlichen Eucharistie, dem Mysterium des Vorgeschmacks der unaussprechlichen Freude des Reiches des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Dass die Göttliche Eucharistie in der orthodoxen Kirche als Mitte ihres Lebens bewahrt wurde, ist der Tatsache geschuldet, dass die Auferstehung das Fundament ihres Glaubens und der leuchtende Horizont ihrer asketischen Spiritualität und ihres guten Zeugnisses in der Welt ist.
Mit diesen Gedanken erbitten wir in Demut das Erbarmen und den Segen des Gottes der Liebe, damit wir gottergeben die Rennbahn der Heiligen Großen Fastenzeit durcheilen, zum heilsamen Passion Christi, unseres Gottes, gelangen und, seine unsagbare Langmut preisend, in der Feier Seiner lichtbringenden, uns vom Tod zum ewigen Leben führenden Auferweckung erleuchtet werden.
Heilige Große Fastenzeit 2020
+ Patriarch Bartholomaios von Konstantinopel
Euer aller inständiger Fürbitter bei Gott