Der Auftrag der Orthodoxen Kirche in der heutigen Welt Der Beitrag der orthodoxen Kirche zum Walten der Gerechtigkeit, der Freiheit, der Geschwisterlichkeit und der Liebe zwischen den Völkern und zur Überwindung der Rassendiskriminierungen und anderer Diskriminierungen
„So sehr hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen einzigen Sohn hingab, damit jeder, der an ihn glaubt, nicht zugrunde geht, sondern das ewige Leben hat“ (Joh 3,16). Die Kirche lebt „in der Welt“, aber sie „ist nicht von der Welt“ (Joh 17,11 und 14-15).Die Kirche ist als Leib des menschgewordenen Logos Gottes (Johannes Chrysostomus, Rede vor der Verbannung, 2, PG 52,429) die lebendige „Parusie“, das Zeichen und das Abbild des Reiches des dreifaltigen Gottes in der Geschichte und verkündet die „neue Schöpfung“ (2 Kor 5,17), „einen neuen Himmel und eine neue Erde, in denen die Gerechtigkeit wohnt“ (2 Pet 3,13); sie verkündet „eine Welt, in der Er alle Tränen von ihren Augen abwischen wird: Der Tod wird nicht mehr sein, keine Trauer, keine Klage, keine Mühsal“ (Offb 21,4-5). Diese Erwartung lebt die Kirche bereits jetzt im Voraus insbesondere dann, wenn sie die heilige Eucharistie feiert und „an einem Ort“(1 Kor 11,20) „die versprengten Kinder Gottes wieder sammelt“ (Joh 11,52) und zu einem Leib zusammenführt – ohne Unterscheidung nach Herkunft, Geschlecht, Alter, sozialem oder anderem Status, wo „es nicht mehr Juden und Griechen, nicht Sklaven und Freie, nicht Mann und Frau gibt“ (Gal 3,28; vgl. Kol 3,11), in einer Welt der Versöhnung, des Friedens und der Liebe. Diesen Vorgeschmack der „neuen Schöpfung“, der gewandelten Welt, erfährt die Kirche auch in der Person ihrer Heiligen, die durch ihre Askese und ihre Tugend bereits in diesem Leben Abbilder des Reiches Gottes geworden sind; sie beweisen und bekräftigen auf diese Weise, dass die Erwartung einer Welt des Friedens, der Gerechtigkeit und der Liebe keine Utopie ist, sondern „Feststehen in dem, was man erhofft“ (Hebr 11,1), was durch die Gnade Gottes und den geistlichen Kampf des Menschen möglich wird. Ständig getragen von dieser Erwartung und diesem Vorgeschmack des Reiches Gottes ist die Kirche nicht indifferent gegenüber den Problemen der Menschen zu jeder Zeit, sondern nimmt im Gegenteil an seinen Nöten und seinen existenziellen Problemen Anteil; sie heilt wie ihr Herr den Schmerz und die Wunden, welche das Böse in der Welt hervorruft, und gießt wie der gute Samariter Öl und Wein auf seine Wunden (Lk 10,34); sie tut dies durch das Wort der „Geduld und des Trostes“ (Röm 15,4; Hebr 13,22) und die tätige Liebe. Ihr Wort an die Welt zielt nicht primär darauf, diese zu richten oder zu verurteilen (vgl. Joh 3,17 und 12,47), sondern um ihr das Evangelium vom Reich Gottes als Leitfaden darzubieten, sowie die Hoffnung und die Zusicherung, dass das Böse in welcher Form auch immer, nicht das letzte Wort in der Geschichte hat und ihren Lauf nicht bestimmen darf. Die Verkündigung der Botschaft des Evangeliums entspricht dem letzten Auftrag Christi „Geht zu allen Völkern und macht alle Menschen zu meinen Jüngern; tauft sie auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes und lehrt sie zu alles zu halten, was ich euch aufgetragen habe“ (Mt 28,19) und stellt eine zeitübergreifende Aufgabe der Kirche dar. Dies darf nicht agressiv oder durch verschiedene Weisen des Proselytismus geschehen, sondern in Liebe, Demut und Respekt vor der Identität eines jeden Menschen und der kulturellen Besonderheit eines jeden Volkes. Zu diesem missionarischen Auftrag müssen alle orthodoxen Kirchen beitragen. Die Orthodoxe Kirche schöpft aus diesen Prinzipien und aus der gesamten Erfahrung und der Lehre ihrer patristischen, liturgischen und asketischen Tradition und nimmt an den Problemen und dem Leiden des heutigen Menschen teil im Hinblick auf die grundlegenden existentiellen Fragen, welche die heutige Menschheit beschäftigen, um zu ihrer Überwindung beizutragen, damit in der Welt der Friede Gottes „der höher ist als alle Vernunft“ (Phil 4,7), die Versöhnung und Liebe herrschen. I. Der Wert der menschlichen Person 1.. Der Wert der menschlichen Person leitet sich ab von der Erschaffung des Menschen „nach dem Bild und zur Ähnlichkeit Gottes“ und von seinem Auftrag innerhalb des Heilsplans Gottes für den Menschen und die Welt war die Inspirationsquelle für all jene Kirchenväter, die sich in das Geheimnis des göttlichen Heilsplans vertieften. Der heilige Gregor der Theologe betont bezeichnenderweise in diesem Zusammenhang, dass der Schöpfer „den Menschen auf die Erde gestellt hat wie eine zweite Welt, groß in seiner Kleinheit, wie einen anderen Engel, wie einen umfassenden Anbeter, einen Wächter über die sichtbare Schöpfung, einen Eingeweihten, einen Herrscher über die Dinge auf Erden, ... wie ein Wesen, das sich hier auf Erden aufhält, jedoch in eine andere Welt hinüberwechselt und - was die Vollendung dieses Geheimnisses ist - durch seine Sehnsucht zu Gott selbst vergöttlicht wird" (Oratio 45, 7: PG 36, 632). Der Zweck der Menschwerdung des Logos Gottes ist die Vergöttlichung des Menschen. Christus hat in sich den alten Adam erneuert (vgl. Eph 2,15) „denn Er vergöttlichte den Menschen, womit er den Beginn unserer Hoffnung setzte (Eusebius von Cäsarea, Demonstratio evangelica 4, 14, PG 22, 289A). Denn wie schon im alten Adam das ganze Menschengeschlecht enthalten war, so ist es auch im neuen Adam angenommen. „Mensch wurde der Einziggeborene, ... um zusammenzuführen und wieder in den alten Zustand zurückzuführen, was gefallen war, nämlich das Menschengeschlecht“ (Kyrill von Alexandrien, Kommentar zum Johannesevangelium, 9, PG 74,273D-275A). Diese christliche Lehre über die Heiligkeit des Menschengeschlechts ist unerschöpfliche Quelle allen christlichen Bemühens zum Schutz des Wertes und der Würde der menschlichen Person. 2.. Es ist unerlässlich, dass die innerchristliche Zusammenarbeit zum Schutz der Würde der menschlichen Person auf dieser Grundlage und in alle Richtungen entwickelt wird. Dies betrifft selbstverständlich auch das Gut des Friedens, damit die Friedensbemühungen aller Christen ohne Ausnahme größeres Gewicht und größere Kraft erhalten. 3.. Ausgangspunkt einer weitergehenden Zusammenarbeit auf diesem Gebiet kann die gemeinsame Akzeptanz des höchsten Wertes der menschlichen Person sein. Die einzelnen orthodoxen Kirchen können zur interreligiösen Verständigung und Zusammenarbeit beitragen im Sinne des friedlichen Miteinanders und des gesellschaftlichen Zusammenlebens der Völker, ohne dass dies einen wie auch immer gearteten Synkretismus bedeutet. 4.. Wir sind der Überzeugung, dass wir als Mitarbeiter Gottes (1 Kor 3,9) in diesem Dienst fortschreiten können gemeinsam mit allen Menschen guten Willens, die den wahren Frieden suchen, zum Wohl der menschlichen Gemeinschaft auf lokaler, nationaler und internationaler Ebene. Dieser Dienst ist ein Gebot Gottes (Mt 5,9). II. Freiheit und Verantwortung
1.. Eines der größten Geschenke Gottes an den Menschen ist seine Freiheit. „Der den Menschen im Anfang erschaffen hat, hat ihn frei und selbstbestimmt erschaffen und das einzige Gesetz war Sein Auftrag an ihn“ (Gregor der Theologe, Rede 14., Über die Liebe zu den Armen 25, PG 35, 892A). Die Freiheit versetzt also den Menschen in die Lage, auf die geistliche Vollkommenheit zuzugehen, schließt aber zugleich die Gefahr des Ungehorsams, der autonomen Verselbständigung gegenüber Gott und dadurch die Gefahr des Abfalls von ihm ein; darin liegen die tragischen Folgen des Bösen in der Welt begründet. 2.. Folge dieses Bösen sind die im heutigen Leben herrschenden Unvollkommenheiten und Mängel: die Säkularisierung, die Gewalt, der Sittenverfall, die krankhaften Phänomene der Einnahme von Betäubungsmitteln und der Abhängigkeiten insbesondere bei jungen Menschen, der Rassismus, die Aufrüstung, die Kriege und die daraus folgenden sozialen Missstände, die Unterdrückung sozialer Gruppen, religiöser Minderheiten und ganzer Völker, die soziale Ungleichheit, die Einschränkung der Menschenrechte im Bereich der Gewissensfreiheit und insbesondere der Religionsfreiheit, die Desinformation und die Manipulation der öffentlichen Meinung, das wirtschaftliche Elend, die ungleiche Verteilung der lebensnotwendigen Ressourcen oder gar ihr völliges Fehlen, der Hunger von Millionen unterernährter Menschen, die Vertreibungen von Bevölkerungen und der Menschenhandel, das Flüchtlingsproblem, die Zerstörung der Umwelt, die unkontrollierte Anwendung der Biotechnologie und der Biomedizin im Hinblick auf den Beginn, die Dauer und das Ende des menschlichen Lebens. All dies schürt die unermessliche Angst in der heutigen beunruhigten Menschheit. 3.. Angesichts dieser Situation, die zu einer geschwächten Betrachtung der menschlichen Person geführt hat, ist es heute die Pflicht der Orthodoxen Kirche in ihrer Verkündigung, ihrer Theologie, ihrem Gottesdienst und ihrem pastoralen Wirken die Wahrheit der Freiheit in Christus zur Geltung zu bringen. „Alles ist erlaubt - aber nicht alles nützt. Alles ist erlaubt - aber nicht alles baut auf. Denkt dabei nicht an euch selbst, sondern an die anderen... Warum soll meine Freiheit vom Gewissensurteil eines anderen abhängig sein?“ (1 Kor 10,23-24; 10,29). Freiheit ohne Verantwortung und Liebe führt letzendlich zum Verlust der Freiheit. III. Friede und Gerechtigkeit 1.. Die Orthodoxe Kirche bekennt und verkündet durch alle Zeiten hindurch die zentrale Bedeutung des Friedens und der Gerechtigkeit für das Leben der Menschen. Die Offenbarung in Christus selbst wird als „Evangelium des Friedens“ (Eph 6,15), weil Christus „Friede gestiftet hat am Kreuz durch sein Blut“ (Kol 1,20), „er kam und verkündete den Frieden: den Fernen, und den Nahen“ (Eph 2,17) und wurde zu „unserem Frieden“ (Eph 2,14). Der Friede Gottes „der höher ist als alle Vernunft“ (Phil 4,7), ist, wie der Herr selbst vor seinem Leiden gesagt hat, weitgehender und tiefer als der Frieden, den die Welt verkündet: „Frieden hinterlasse ich euch, meinen Frieden gebe ich euch; nicht einen Frieden, wie die Welt ihn gibt, gebe ich euch“ (Joh 14,27). Und dies, weil der Friede Christi die reife Frucht der Wiederherstellung aller Dinge in ihm ist, der Nachweis der Würde und der Größe der menschlichen Person als Bildes Gottes, die Proklamation der in ihm vorhandenen Einheit des Menschengeschlechtes und der Welt, sowie der Allgemeingültigkeit der Prinzipien des Friedens, der Freiheit und der sozialen Gerechtigkeit und letzendlich der Ertrag der christlichen Liebe unter den Menschen und den Völkern der Welt. Der wahre Friede ist das Ergebnis des Vorherrschens aller dieser christlichen Werte auf der Erde. Es ist der Friede von oben, um den die Orthodoxe Kirche immer wieder in ihren täglichen Gebeten bittet; sie erbittet ihn von Gott, der allmächtig ist und die Gebete jener erhört, die ihn im Glauben anrufen. 2.. Aus dem bisher Gesagten wird deutlich, dass die Kirche als „Leib Christi“ (1 Kor 12,27) stets für den Frieden der ganzen Welt betet, welcher nach den Worten des Clemens von Alexandrien gleichbedeutend mit der Gerechtigkeit ist. (Stromateis 4,25; PG 8, 1369B-72A). Und Basilius der Große ergänzt: „Ich kann nicht behaupten, dass ich ohne die gegenseitige Liebe und das Friedenschaffen mit allen Menschen, soweit es mir möglich ist, würdig bin, ein Diener Jesu Christi genannt zu werden“ (Brief 203,1 PG 32,737B). Dies ist, wie der hl. Kirchenvater sagt, so selbstverständlich für den Christen dass „nichts dem Christen eigener ist als das Friedenstiften“ (Brief 114, PG 32,528B). Der Friede Christi ist die mystische Kraft, die aus der Versöhnung des Menschen mit seinem himmlischen Vater entspringt „entsprechend der Vorsehung Jesu, der alles in allem wirkt, einen unaussprechlichen und von Ewigkeit vorbestimmten Frieden schafft und uns mit sich selbst und in sich mit dem Vater versöhnt.“ (Dionysius Areopagita, Über die göttlichen Namen 11,5, PG 3,953AB). 3.. Gleichzeitig müssen wir hervorheben, dass die Gaben des Friedens und der Gerechtigkeit von der Mitarbeit (Synergie) des Menschen abhängen. Der Heilige Geist schenkt geistige Gaben, wenn wir in Buße den Frieden und die Gerechtigkeit Gottes erstreben. Diese Geschenke des Friedens und der Gerechtigkeit treten dort auf, wo die Christen Anstrengungen beim Werk des Glaubens, der Liebe und der Hoffnung in Jesus Christus, unserem Herrn, unternehmen (1 Thess 1,3). 4.. Die Sünde ist eine geistige Krankheit, deren äußerlichen Symptome Konflikte, Streitigkeiten, Verbrechen und Kriege mit ihren tragischen Folgen sind. Die Kirche möchte nicht nur die äußerlichen Symptome dieser Krankheit heilen, sondern auch die Krankheit selbst, also die Sünde. 5.. Ebenso betrachtet es die Orthodoxe Kirche als ihre Pflicht, nach dem zu streben, was zum Frieden beiträgt. (Röm 14,19) und bereitet den Weg für Gerechtigkeit, Geschwisterlichkeit, die wahre Freiheit und die gegenseitige Liebe zwischen allen Kindern des einen himmlischen Vaters sowie zwischen allen Völkern, die eine einzige Menschenfamilie bilden. Sie leidet gemeinsam mit allen Menschen, die in verschiedenen Gegenden der Welt die Güter des Friedens und der Gerechtigkeit entbehren müssen.
„So sehr hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen einzigen Sohn hingab, damit jeder, der an ihn glaubt, nicht zugrunde geht, sondern das ewige Leben hat“ (Joh 3,16). Die Kirche lebt „in der Welt“, aber sie „ist nicht von der Welt“ (Joh 17,11 und 14-15).Die Kirche ist als Leib des menschgewordenen Logos Gottes (Johannes Chrysostomus, Rede vor der Verbannung, 2, PG 52,429) die lebendige „Parusie“, das Zeichen und das Abbild des Reiches des dreifaltigen Gottes in der Geschichte und verkündet die „neue Schöpfung“ (2 Kor 5,17), „einen neuen Himmel und eine neue Erde, in denen die Gerechtigkeit wohnt“ (2 Pet 3,13); sie verkündet „eine Welt, in der Er alle Tränen von ihren Augen abwischen wird: Der Tod wird nicht mehr sein, keine Trauer, keine Klage, keine Mühsal“ (Offb 21,4-5). Diese Erwartung lebt die Kirche bereits jetzt im Voraus insbesondere dann, wenn sie die heilige Eucharistie feiert und „an einem Ort“(1 Kor 11,20) „die versprengten Kinder Gottes wieder sammelt“ (Joh 11,52) und zu einem Leib zusammenführt – ohne Unterscheidung nach Herkunft, Geschlecht, Alter, sozialem oder anderem Status, wo „es nicht mehr Juden und Griechen, nicht Sklaven und Freie, nicht Mann und Frau gibt“ (Gal 3,28; vgl. Kol 3,11), in einer Welt der Versöhnung, des Friedens und der Liebe. Diesen Vorgeschmack der „neuen Schöpfung“, der gewandelten Welt, erfährt die Kirche auch in der Person ihrer Heiligen, die durch ihre Askese und ihre Tugend bereits in diesem Leben Abbilder des Reiches Gottes geworden sind; sie beweisen und bekräftigen auf diese Weise, dass die Erwartung einer Welt des Friedens, der Gerechtigkeit und der Liebe keine Utopie ist, sondern „Feststehen in dem, was man erhofft“ (Hebr 11,1), was durch die Gnade Gottes und den geistlichen Kampf des Menschen möglich wird. Ständig getragen von dieser Erwartung und diesem Vorgeschmack des Reiches Gottes ist die Kirche nicht indifferent gegenüber den Problemen der Menschen zu jeder Zeit, sondern nimmt im Gegenteil an seinen Nöten und seinen existenziellen Problemen Anteil; sie heilt wie ihr Herr den Schmerz und die Wunden, welche das Böse in der Welt hervorruft, und gießt wie der gute Samariter Öl und Wein auf seine Wunden (Lk 10,34); sie tut dies durch das Wort der „Geduld und des Trostes“ (Röm 15,4; Hebr 13,22) und die tätige Liebe. Ihr Wort an die Welt zielt nicht primär darauf, diese zu richten oder zu verurteilen (vgl. Joh 3,17 und 12,47), sondern um ihr das Evangelium vom Reich Gottes als Leitfaden darzubieten, sowie die Hoffnung und die Zusicherung, dass das Böse in welcher Form auch immer, nicht das letzte Wort in der Geschichte hat und ihren Lauf nicht bestimmen darf. Die Verkündigung der Botschaft des Evangeliums entspricht dem letzten Auftrag Christi „Geht zu allen Völkern und macht alle Menschen zu meinen Jüngern; tauft sie auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes und lehrt sie zu alles zu halten, was ich euch aufgetragen habe“ (Mt 28,19) und stellt eine zeitübergreifende Aufgabe der Kirche dar. Dies darf nicht agressiv oder durch verschiedene Weisen des Proselytismus geschehen, sondern in Liebe, Demut und Respekt vor der Identität eines jeden Menschen und der kulturellen Besonderheit eines jeden Volkes. Zu diesem missionarischen Auftrag müssen alle orthodoxen Kirchen beitragen. Die Orthodoxe Kirche schöpft aus diesen Prinzipien und aus der gesamten Erfahrung und der Lehre ihrer patristischen, liturgischen und asketischen Tradition und nimmt an den Problemen und dem Leiden des heutigen Menschen teil im Hinblick auf die grundlegenden existentiellen Fragen, welche die heutige Menschheit beschäftigen, um zu ihrer Überwindung beizutragen, damit in der Welt der Friede Gottes „der höher ist als alle Vernunft“ (Phil 4,7), die Versöhnung und Liebe herrschen. I. Der Wert der menschlichen Person 1.. Der Wert der menschlichen Person leitet sich ab von der Erschaffung des Menschen „nach dem Bild und zur Ähnlichkeit Gottes“ und von seinem Auftrag innerhalb des Heilsplans Gottes für den Menschen und die Welt war die Inspirationsquelle für all jene Kirchenväter, die sich in das Geheimnis des göttlichen Heilsplans vertieften. Der heilige Gregor der Theologe betont bezeichnenderweise in diesem Zusammenhang, dass der Schöpfer „den Menschen auf die Erde gestellt hat wie eine zweite Welt, groß in seiner Kleinheit, wie einen anderen Engel, wie einen umfassenden Anbeter, einen Wächter über die sichtbare Schöpfung, einen Eingeweihten, einen Herrscher über die Dinge auf Erden, ... wie ein Wesen, das sich hier auf Erden aufhält, jedoch in eine andere Welt hinüberwechselt und - was die Vollendung dieses Geheimnisses ist - durch seine Sehnsucht zu Gott selbst vergöttlicht wird" (Oratio 45, 7: PG 36, 632). Der Zweck der Menschwerdung des Logos Gottes ist die Vergöttlichung des Menschen. Christus hat in sich den alten Adam erneuert (vgl. Eph 2,15) „denn Er vergöttlichte den Menschen, womit er den Beginn unserer Hoffnung setzte (Eusebius von Cäsarea, Demonstratio evangelica 4, 14, PG 22, 289A). Denn wie schon im alten Adam das ganze Menschengeschlecht enthalten war, so ist es auch im neuen Adam angenommen. „Mensch wurde der Einziggeborene, ... um zusammenzuführen und wieder in den alten Zustand zurückzuführen, was gefallen war, nämlich das Menschengeschlecht“ (Kyrill von Alexandrien, Kommentar zum Johannesevangelium, 9, PG 74,273D-275A). Diese christliche Lehre über die Heiligkeit des Menschengeschlechts ist unerschöpfliche Quelle allen christlichen Bemühens zum Schutz des Wertes und der Würde der menschlichen Person. 2.. Es ist unerlässlich, dass die innerchristliche Zusammenarbeit zum Schutz der Würde der menschlichen Person auf dieser Grundlage und in alle Richtungen entwickelt wird. Dies betrifft selbstverständlich auch das Gut des Friedens, damit die Friedensbemühungen aller Christen ohne Ausnahme größeres Gewicht und größere Kraft erhalten. 3.. Ausgangspunkt einer weitergehenden Zusammenarbeit auf diesem Gebiet kann die gemeinsame Akzeptanz des höchsten Wertes der menschlichen Person sein. Die einzelnen orthodoxen Kirchen können zur interreligiösen Verständigung und Zusammenarbeit beitragen im Sinne des friedlichen Miteinanders und des gesellschaftlichen Zusammenlebens der Völker, ohne dass dies einen wie auch immer gearteten Synkretismus bedeutet. 4.. Wir sind der Überzeugung, dass wir als Mitarbeiter Gottes (1 Kor 3,9) in diesem Dienst fortschreiten können gemeinsam mit allen Menschen guten Willens, die den wahren Frieden suchen, zum Wohl der menschlichen Gemeinschaft auf lokaler, nationaler und internationaler Ebene. Dieser Dienst ist ein Gebot Gottes (Mt 5,9). II. Freiheit und Verantwortung
1.. Eines der größten Geschenke Gottes an den Menschen ist seine Freiheit. „Der den Menschen im Anfang erschaffen hat, hat ihn frei und selbstbestimmt erschaffen und das einzige Gesetz war Sein Auftrag an ihn“ (Gregor der Theologe, Rede 14., Über die Liebe zu den Armen 25, PG 35, 892A). Die Freiheit versetzt also den Menschen in die Lage, auf die geistliche Vollkommenheit zuzugehen, schließt aber zugleich die Gefahr des Ungehorsams, der autonomen Verselbständigung gegenüber Gott und dadurch die Gefahr des Abfalls von ihm ein; darin liegen die tragischen Folgen des Bösen in der Welt begründet. 2.. Folge dieses Bösen sind die im heutigen Leben herrschenden Unvollkommenheiten und Mängel: die Säkularisierung, die Gewalt, der Sittenverfall, die krankhaften Phänomene der Einnahme von Betäubungsmitteln und der Abhängigkeiten insbesondere bei jungen Menschen, der Rassismus, die Aufrüstung, die Kriege und die daraus folgenden sozialen Missstände, die Unterdrückung sozialer Gruppen, religiöser Minderheiten und ganzer Völker, die soziale Ungleichheit, die Einschränkung der Menschenrechte im Bereich der Gewissensfreiheit und insbesondere der Religionsfreiheit, die Desinformation und die Manipulation der öffentlichen Meinung, das wirtschaftliche Elend, die ungleiche Verteilung der lebensnotwendigen Ressourcen oder gar ihr völliges Fehlen, der Hunger von Millionen unterernährter Menschen, die Vertreibungen von Bevölkerungen und der Menschenhandel, das Flüchtlingsproblem, die Zerstörung der Umwelt, die unkontrollierte Anwendung der Biotechnologie und der Biomedizin im Hinblick auf den Beginn, die Dauer und das Ende des menschlichen Lebens. All dies schürt die unermessliche Angst in der heutigen beunruhigten Menschheit. 3.. Angesichts dieser Situation, die zu einer geschwächten Betrachtung der menschlichen Person geführt hat, ist es heute die Pflicht der Orthodoxen Kirche in ihrer Verkündigung, ihrer Theologie, ihrem Gottesdienst und ihrem pastoralen Wirken die Wahrheit der Freiheit in Christus zur Geltung zu bringen. „Alles ist erlaubt - aber nicht alles nützt. Alles ist erlaubt - aber nicht alles baut auf. Denkt dabei nicht an euch selbst, sondern an die anderen... Warum soll meine Freiheit vom Gewissensurteil eines anderen abhängig sein?“ (1 Kor 10,23-24; 10,29). Freiheit ohne Verantwortung und Liebe führt letzendlich zum Verlust der Freiheit. III. Friede und Gerechtigkeit 1.. Die Orthodoxe Kirche bekennt und verkündet durch alle Zeiten hindurch die zentrale Bedeutung des Friedens und der Gerechtigkeit für das Leben der Menschen. Die Offenbarung in Christus selbst wird als „Evangelium des Friedens“ (Eph 6,15), weil Christus „Friede gestiftet hat am Kreuz durch sein Blut“ (Kol 1,20), „er kam und verkündete den Frieden: den Fernen, und den Nahen“ (Eph 2,17) und wurde zu „unserem Frieden“ (Eph 2,14). Der Friede Gottes „der höher ist als alle Vernunft“ (Phil 4,7), ist, wie der Herr selbst vor seinem Leiden gesagt hat, weitgehender und tiefer als der Frieden, den die Welt verkündet: „Frieden hinterlasse ich euch, meinen Frieden gebe ich euch; nicht einen Frieden, wie die Welt ihn gibt, gebe ich euch“ (Joh 14,27). Und dies, weil der Friede Christi die reife Frucht der Wiederherstellung aller Dinge in ihm ist, der Nachweis der Würde und der Größe der menschlichen Person als Bildes Gottes, die Proklamation der in ihm vorhandenen Einheit des Menschengeschlechtes und der Welt, sowie der Allgemeingültigkeit der Prinzipien des Friedens, der Freiheit und der sozialen Gerechtigkeit und letzendlich der Ertrag der christlichen Liebe unter den Menschen und den Völkern der Welt. Der wahre Friede ist das Ergebnis des Vorherrschens aller dieser christlichen Werte auf der Erde. Es ist der Friede von oben, um den die Orthodoxe Kirche immer wieder in ihren täglichen Gebeten bittet; sie erbittet ihn von Gott, der allmächtig ist und die Gebete jener erhört, die ihn im Glauben anrufen. 2.. Aus dem bisher Gesagten wird deutlich, dass die Kirche als „Leib Christi“ (1 Kor 12,27) stets für den Frieden der ganzen Welt betet, welcher nach den Worten des Clemens von Alexandrien gleichbedeutend mit der Gerechtigkeit ist. (Stromateis 4,25; PG 8, 1369B-72A). Und Basilius der Große ergänzt: „Ich kann nicht behaupten, dass ich ohne die gegenseitige Liebe und das Friedenschaffen mit allen Menschen, soweit es mir möglich ist, würdig bin, ein Diener Jesu Christi genannt zu werden“ (Brief 203,1 PG 32,737B). Dies ist, wie der hl. Kirchenvater sagt, so selbstverständlich für den Christen dass „nichts dem Christen eigener ist als das Friedenstiften“ (Brief 114, PG 32,528B). Der Friede Christi ist die mystische Kraft, die aus der Versöhnung des Menschen mit seinem himmlischen Vater entspringt „entsprechend der Vorsehung Jesu, der alles in allem wirkt, einen unaussprechlichen und von Ewigkeit vorbestimmten Frieden schafft und uns mit sich selbst und in sich mit dem Vater versöhnt.“ (Dionysius Areopagita, Über die göttlichen Namen 11,5, PG 3,953AB). 3.. Gleichzeitig müssen wir hervorheben, dass die Gaben des Friedens und der Gerechtigkeit von der Mitarbeit (Synergie) des Menschen abhängen. Der Heilige Geist schenkt geistige Gaben, wenn wir in Buße den Frieden und die Gerechtigkeit Gottes erstreben. Diese Geschenke des Friedens und der Gerechtigkeit treten dort auf, wo die Christen Anstrengungen beim Werk des Glaubens, der Liebe und der Hoffnung in Jesus Christus, unserem Herrn, unternehmen (1 Thess 1,3). 4.. Die Sünde ist eine geistige Krankheit, deren äußerlichen Symptome Konflikte, Streitigkeiten, Verbrechen und Kriege mit ihren tragischen Folgen sind. Die Kirche möchte nicht nur die äußerlichen Symptome dieser Krankheit heilen, sondern auch die Krankheit selbst, also die Sünde. 5.. Ebenso betrachtet es die Orthodoxe Kirche als ihre Pflicht, nach dem zu streben, was zum Frieden beiträgt. (Röm 14,19) und bereitet den Weg für Gerechtigkeit, Geschwisterlichkeit, die wahre Freiheit und die gegenseitige Liebe zwischen allen Kindern des einen himmlischen Vaters sowie zwischen allen Völkern, die eine einzige Menschenfamilie bilden. Sie leidet gemeinsam mit allen Menschen, die in verschiedenen Gegenden der Welt die Güter des Friedens und der Gerechtigkeit entbehren müssen.
IV. Der Friede und die Abwendung des Krieges
1.. Die Kirche Christi verurteilt generell den Krieg, den sie als Folge des Bösen und der Sünde in der Welt betrachtet. „Woher kommen die Kriege bei euch, woher die Streitigkeiten? Doch nur vom Kampf der Leidenschaften in eurem Innern“ (Jak 4,1). Insbesondere bei Kriegen, in denen Massenvernichtungswaffen eingesetzt werden, sind die Folgen schrecklich, nicht nur weil der Tod eine unermessliche Zahl von Menschen trifft, sondern weil auch für die Überlebenden das Leben unerträglich wird. Es treten unheilbare Krankheiten auf sowie genetische Veränderungen und andere Schrecken mit katastrophalen Folgen für die zukünftigen Generationen. Nicht nur die atomare Bewaffnung, sondern auch chemische, biologische und andere Waffen, die zur Illusion der Übermacht und der Dominanz über die Umwelt führen, sind äußerst gefährlich. Diese Waffen schüren eine Atmosphäre der Angst und des Misstrauens und führen zu einem neuen Wettrüsten. 2.. Die Kirche Christi betrachtet prinzipiell den Krieg als Folge des Bösen und der Sünde in der Welt und unterstützt jede Initiative und Anstrengung zu seiner Verhütung und Abwendung durch Dialog und jedes andere geeignete Mittel. Im Fall, dass der Krieg unvermeidbar ist, wirkt die Kirche durch Gebet und Seelsorge für ihre Gläubigen, die in kriegerische Handlungen zur Verteidigung ihres Lebens und ihrer Freiheit verstrickt sind, und unternimmt alles zur schnellstmöglichen Wiederherstellung des Friedens und der Freiheit. 3.. Die Orthodoxe Kirche verurteilt entschieden die diversen Konflikte und die Kriege, die aus religiösem Fanatismus entfacht werden. Zutiefst beunruhigend ist das Ansteigen der Unterdrückung und Verfolgung der Christen und anderer Gemeinschaften aus Glaubensgründen im Nahen Osten und an anderen Orten sowie der Versuch der Auslöschung des Christentums an seinen Ursprungsorten. Dadurch werden die vorhandenen interreligiösen und internationalen Beziehungen bedroht und viele Chrusten sind gezwungen ihre Heimatorte zu verlassen. Die orthodoxen Christen auf der ganzen Welt leiden gemeinsam mit ihren christlichen Geschwistern und allen Verfolgten und rufen zur Findung einer gerechten und dauerhaften Lösung für die Probleme dieser Region auf. Auch werden die Kriege verurteilt, die aus Nationalismus entfacht werden und zu ethnischen Säuberungen, zu Grenzveränderungen und zu territorialen Besetzungen führen. V. Die Orthodoxe Kirche wendet sich gegen Diskriminierungen 1.. Der Herr lehnt als König der Gerechtigkeit (Hebr 7,2-3) die Gewalt und die Ungerechtigkeit ab (Ps 10,5) und verurteilt den unmenschlichen Umgang mit dem Nächsten (Mk 25,41-46; Jak 2,15-16). In Seinem Reich, das bereits jetzt auf Erden in Seiner Kirche abgebildet wird und präsent ist, gibt es keinen Raum für Hass, Feindschaft und Intoleranz (Jes 11,6; Röm 12,10). 2.. Die Position der Orthodoxen Kirche in dieser Frage ist eindeutig. Die Kirche glaubt, dass Gott „aus einem einzigen Menschen das ganze Menschengeschlecht erschaffen hat, damit es die ganze Erde bewohne“ (Apg 17,26) und dass es „nicht mehr Juden und Griechen, nicht Sklaven und Freie, nicht Mann und Frau gibt; denn alle sind «eins» in Christus Jesus“ (Gal 3,28) Auf die Frage „Und wer ist mein Nächster?“ antwortet Christus mit dem Gleichnis des Guten Samariters (Lk 10,25-37) und lehrt dadurch das Niederreißen jeder Trennwand der Feindschaft und der Vorurteile. Die Orthodoxe Kirche bekennt, dass jeder Mensch unabhängig von Hautfarbe, Religion, Herkunft, Geschlecht, Nationalität oder Sprache nach dem Bild und zur Ähnlichkeit Gottes geschaffen wurde und gleiche Rechte in der Gesellschaft genießt. Ihrem Glauben getreu akzeptiert die Orthodoxe Kirche keine Diskriminierungen aus den obigen Gründen, da dies eine unterschiedliche Wertschätzung der einzelnen Menschen bedeuten würde. 3.. Die Kirche respektiert die Menschenrechte und die Gleichbehandlung aller Menschen und bewertet die Anwendung dieser Prinzipien im Licht ihrer Lehre über die Sakramente, die Familie, die Stellung der zwei Geschlechter in der Kirche und die allgemeinen Werte der kirchlichen Tradition. Die Kirche hat das Recht, das Zeugnis ihrer Lehre in der Öffentlichkeit zu verkünden. VI. Die Aufgabe der Orthodoxen Kirche als dienendes Zeugnis der Liebe
1.. Die orthodoxe Kirche übt ihren heilsamen Dienst in der Welt aus und sorgt tätig für alle Menschen, die Hilfe benötigen, die Hungernden, die Mittellosen, die Kranken, die Behinderten, die Alten, die Verfolgten, die Verschleppten, die Gefangenen, die Obdachlosen, die Waisen, die Opfer von Katastrophen und kriegerischen Auseinandersetzungen, des Menschenhandels und der heutigen Formen der Sklaverei. Die Anstrengungen, welche die orthodoxe Kirche zur Bekämpfung der Armut und der sozialen Ungerechtigkeit unternimmt, sind ein Ausdruck ihres Glaubens und ihres Dienstes am Herrn selbst, der sich selbst mit jedem Menschen gleichgesetzt hat, besonders aber mit jenen, die in Not sind: „Was ihr für einen meiner geringsten Brüder getan habt, das habt ihr mir getan“ (Mt 25,40). In diesem vielfältigen sozialen Dienst kann die Kirche mit diversen sozialen Trägern zusammenarbeiten. 2.. Die Konflikte und Feindseligkeiten in der Welt führen zu Ungerechtigkeit und Ungleichheit bei der Teilhabe der Menschen und Völker an den Gaben der Schöpfung Gottes. Sie berauben Millionen Menschen ihrer Lebensgrundlagen und führen zu einer Entwürdigung der menschlichen Existenz, sie rufen massenhafte Migrationsbewegungen hervor und führen zu nationalen, religiösen und sozialen Zusammenstößen, welche den inneren Zusammenhalt der Gesellschaft bedrohen. 3. Die Kirche kann gegenüber den ökonomischen Zuständen, welche negativ die gesamte Menschheit beeinflussen, nicht indifferent bleiben. Sie besteht auf der Notwendigkeit, das die Ökonomie nicht nur auf moralischen Werten beruhen muss, sondern auch in der Praxis dem Menschen dienen muss, gemäß der Lehre des Apostel Paulus „dass man sich abmühen und der Schwachen annehmen soll, in Erinnerung an die Worte Jesu, des Herrn, der selbst gesagt hat: Geben ist seliger als nehmen“ (Apg 20, 35). Basilius der Große schreibt dass „Für einen jeden sei es nun der Zweck seines Wirkens, den Armen zu dienen, nicht aber der Eigennutz“ (Ausführliche Regeln 42, PG 31, 1025A). 4.. Die Kluft zwischen Reichen und Armen vergrößert sich dramatisch wegen der Wirtschaftskrise, die üblicherweise das Resultat eines grenzenlosen Gewinnstrebens seitens einiger ökonomischer Faktoren, der Anhäufung von Reichtum in den Händen weniger und einer einseitigen ökonomischen Aktivität ist, die, weil sie ohne Gerechtigkeit und Sensibilität für den Menschen handelt, letztendlich nicht die wahren Bedürfnisse der Menschheit befriedigt. Eine lebensfähige Wirtschaft ist jene, welche die Effektivität mit Gerechtigkeit und sozialer Solidarität verbindet. 5.. Unter diesem Gesichtspunkt müssen wir die besondere Verantwortung der Kirche im Kampf gegen den Hunger und jede Form von Armut in der Welt verstehen. Ein derartiges Phänomen unserer Zeit, in der die Länder unter dem Regime einer globalisierten Wirtschaft leben, offenbart eine tiefe Identitätskrise der heutigen Welt, denn der Hunger bedroht nicht nur die göttliche Gabe des Lebens für ganze Völker, sondern er berührt auch die Größe und Heiligkeit der menschlichen Person und gleichzeitig auch Gott selbst. Denn wenn die Sorge um unsere eigene Nahrung ein materielles Problem ist, so ist die Sorge um die Nahrung unseres Nächsten eine geistliche Angelegenheit (Jak 2, 14-18). Daher ist es für alle orthodoxen Kirchen eine äußerst wichtige Aufgabe, ihre Solidarität mit ihren armen Geschwistern zu bekunden und effektiv Hilfe für sie zu organisieren. 6.. Die heilige Kirche Christi umschließt in ihrem weltweiten Leib viele Völker der Erde; sie verkündet deshalb das Prinzip der Solidarität aller Menschen und unterstützt die engere Zusammenarbeit der Völker und Staaten zur friedlichen Beilegung von Streitigkeiten. 7.. Die Orthodoxe Kirche ist beunruhigt von dem zunehmenden Aufzwingen einer konsumorientierten Lebensweise, die über keine christlichen moralischen Werte verfügt. Dieser Konsumismus führt in Verbindung mit der säkularisierten Globalisierung tendenziell die Völker zum Verlust ihrer spirituellen Wurzeln, zu historischem Gedächtnisverlust und zu einem Vergessen der eigenen Tradition. 8.. Die Massenmedien stehen nicht selten unter dem Stern einer liberalen Globalisierung und machen sich so zum Sprachrohr der Verbreitung des Konsumismus und der Unmoral. Besondere Beunruhigung rufen Ereignisse hervor, deren Haltung gegenüber den religiösen Werten als respektlos, manchmal sogar als blasphemisch bezeichnet werden kann; so entstehen Spaltungen und Aufstände in der Gesellschaft. Die Kirche warnt ihre Kinder vor der Gefahr einer Beeinflussung des Gewissens durch die Massenmedien und ihre Nutzung nicht zur Annäherung der Menschen und der Völker, sondern zu ihrer Manipulation.
9.. Auf ihrem Weg, den die Kirche in Verkündigung und Ausübung ihres Heilsauftrags für die Menschheit beschreitet, begegnet sie immer häufiger dem Auswirkungen der Säkularisierung. Die Kirche Christi ist berufen, ihr prophetisches Zeugnis in der Welt neu zu formulieren und zu offenbaren; sie stützt sich dabei auf die Erfahrung des Glaubens und ruft gleichzeitig ihren eigentlichen Auftrag der Verkündigung des Reiches Gottes und der Pflege eines Bewusstseins der Einheit in ihrer Herde in Erinnerung. So eröffnet sich ein weites Feld für sie, da sie als wesentliches Element ihrer ekklesiologischen Lehre der geteilten Welt die eucharistische Gemeinschaft und Einheit verkündet. 10.. Das Streben nach ständigem Wachstum des Wohlstands und der ungezügelte Konsum führen zu einer nicht angemessenen Nutzung und zum Versiegen der natürlichen Ressourcen, Die Schöpfung Gottes, die dem Menschen anvertraut wurde, „damit er sie bebaue und hüte“ (vgl. Gen 2,15) erfährt die Folgen der menschlichen Sünde: „Die Schöpfung ist der Vergänglichkeit unterworfen, nicht aus eigenem Willen, sondern durch den, der sie unterworfen hat; aber zugleich gab er ihr Hoffnung: Auch die Schöpfung soll von der Sklaverei und Verlorenheit befreit werden zur Freiheit und Herrlichkeit der Kinder Gottes. Denn wir wissen, dass die gesamte Schöpfung bis zum heutigen Tag seufzt und in Geburtswehen liegt“ (Röm 8, 20-22). Die ökologische Krise, die mit den klimatischen Veränderungen und der Erderwärmung zusammenhängt, macht die Pflicht der Kirche, mit den ihr zur Verfügung stehenden geistlichen Mitteln zur Bewahrung der Schöpfung Gottes vor den Folgen der menschlichen Unersättlichkeit beizutragen, noch zwingender. Die Gier nach Befriedigung materieller Bedürfnisse führt zu einer geistlichen Verarmung des Menschen und zur Zerstörung der Umwelt. Es darf nicht vergessen werden, dass der natürliche Reichtum der Erde nicht dem Menschen gehört, sondern dem Schöpfer: „Dem Herrn gehört die Erde und was sie erfüllt, der Erdkreis und seine Bewohner“ (Ps 23,1). Deshalb betont die Orthodoxe Kirche den Schutz der Schöpfung Gottes, um so die Verantwortung des Menschen für die gottgegebene Schöpfung zu unterstreichen und um die Tugenden der Genügsamkeit und der Enthaltsamkeit ins Gedächtnis zu rufen. Wir müssen daran erinnern, dass nicht nur die heutigen, sondern auch die künftigen Generationen ein Anrecht auf die natürlichen Ressourcen haben, die uns der Schöpfer geschenkt hat. 11.. Für die Orthodoxe Kirche ist die Möglichkeit der wissenschaftlichen Erforschung der Welt ein gottgegebenes Geschenk an den Menschen. Gleichzeitig zeigt die Kirche jene Gefahren auf, die sich hinter der Nutzung bestimmter wissenschaftlicher Forschungsresultate verbergen. Sie ist der Auffassung, dass der Wissenschaftler zwar frei ist zu forschen, aber auch dass er seine Forschung abbrechen muss, wenn grundlegende christliche und humanitäre Prinzipien verletzt werden: „Alles ist mir erlaubt - aber nicht alles nützt mir.“ (1 Kor 6,12) und „Das Gute ist nicht gut, wenn es nicht auf gute Weise geschieht“ (Gregor der Theologe, Theologische Rede 1,4, PG 36,16 C). Diese Haltung der Kirche erweist sich häufig auch notwendig, um die Grenzen der Freiheit der Wissenschaft und der Anwendungen ihrer Ergebnisse fast in allen ihren Bereichen, insbesondere der Biologie zu ziehen, wo neue Forschungsergebnisse, aber auch Gefahren zu erwarten sind. Gleichzeitig unterstreichen wir die unumstößliche Heiligkeit des menschlichen Lebens vom Beginn seiner Empfängnis
12.. In den letzten Jahren ist eine sprunghafte Entwicklung der biologischen Wissenschaften und der damit verbundenen Biotechnologie zu verzeichnen; viele ihrer Errungenschaften werden als hilfreich für den Menschen empfunden, andere führen zu ethischen Dilemmas, andere wiederum sind abzulehnen. Die Orthodoxe Kirche glaubt, dass der Mensch nicht eine einfache Anhäufung von Zellen, Gewebe und Organen ist oder lediglich durch biologische Faktoren definiert ist. Der Mensch ist „nach dem Bild“ Gottes geschaffen, deshalb muss jede Erwähnung mit dem gehörigen Respekt geschehen. Die Erkenntnis dieses Grundprinzips führt dazu, dass sowohl bei der wissenschaftlichen Forschung als auch bei der praktischen Anwendung der neuen Entdeckungen und Erfindungen das absolute Anrecht eines jeden Menschen auf Respekt und Ehre zu jedem Zeitpunkt seines Lebens ebenso wie der Wille Gottes, der bei seiner Schöpfung offenbar wurde, gewahrt bleiben muss. Die Forschung muss ethische und spirituelle Prinzipien und die christlichen Vorschriften berücksichtigen. Der nötige Respekt muss auch der gesamten Schöpfung Gottes bezeugt werden, sowohl bei ihrer Nutzung durch den Menschen, als auch bei der Forschung, so wie dem Auftrag Gottes an ihn entspricht (Gen 2,15). 13.. In diesen Zeiten der Säkularisierung ist es besonders notwendig, im Angesicht der geistigen Krise, welche die heutige Zivilisation kennzeichnet, die Heiligkeit des Lebens hervorzuheben. Das falsche Verständnis der Freiheit als Libertinismus führt zu einem Anstieg der Kriminalität, zur Zerstörung und Schändung jener Werte, die es zu respektieren gilt, zum Mangel an Respekt vor der Freiheit des Nächsten und der Heiligkeit des Lebens. Die orthodoxe Tradition hat sich aus der tätigen Anwendung der christlichen Wahrheiten entwickelt und ist gekennzeichnet von Spiritualität und asketischem Ethos, welches es besonders in unserer Zeit hervorzuheben und zu verbreiten gilt. 14.. Die besondere pastorale Fürsorge der Kirche für die Jugend, um diese zu Christus zu führen, ist ihr ständiger und unumstößlicher Auftrag. Die Kirche erwartet die Neuschöpfung aller Dinge in dem einen Leib Christi, ruft jedem Menschen ins Gedächtnis, dass Christus wiederkommen wird, „Lebende und Tote zu richten“ (1 Petr 4,5) und dass „seines Reiches kein Ende sein wird“ (LK 1,33). Es versteht sich von selbst, dass die pastorale Verantwortung der Kirche sich auch auf die gottgegebene Institution der Familie erstreckt, die von jeher und unbedingt auf dem heiligen Sakrament der christlichen Ehe als Einheit von Mann und Frau basiert, welche die Einheit von Christus und Seiner Kirche (Eph 5,32) abbildet. Dies ist besonders aktuell, da in einigen Ländern eine rechtliche Anerkennung und in einigen christlichen Gemeinschaften eine theologische Grundlegung von Lebensgemeinschaften zu verzeichnen ist, die der christlichen Tradition und Lehre nicht entsprechen. 15.. In der heutigen Zeit und seit jeher richtet sich die prophetische und pastorale Stimme der Kirche, das erlösende Wort vom Kreuz und der Auferstehung, an das Herz des Menschen und ruft diesen gemeinsam mit dem Apostel Paulus auf, bedacht zu sein, auf das „was immer wahrhaft, edel, recht, was lauter, liebenswert, ansprechend ist, was Tugend heißt und lobenswert ist“ (Phil 4,8), Die Kirche verkündet die opfernde Liebe unseres gekreuzigten Herrn als einzigen Weg zu einer Welt des Friedens, der Gerechtigkeit, des Friedens und der Liebe zwischen den Menschen und den Völkern, deren einziger Maßstab der Herr, der sich für das Leben der Welt geopfert hat (vgl. Offb 5,12); also die unendliche Liebe des Dreifaltigen Gottes, des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Ihm sei die Ehre und die Herrschaft in die Ewigkeit der Ewigkeit. Amen.
1.. Die Kirche Christi verurteilt generell den Krieg, den sie als Folge des Bösen und der Sünde in der Welt betrachtet. „Woher kommen die Kriege bei euch, woher die Streitigkeiten? Doch nur vom Kampf der Leidenschaften in eurem Innern“ (Jak 4,1). Insbesondere bei Kriegen, in denen Massenvernichtungswaffen eingesetzt werden, sind die Folgen schrecklich, nicht nur weil der Tod eine unermessliche Zahl von Menschen trifft, sondern weil auch für die Überlebenden das Leben unerträglich wird. Es treten unheilbare Krankheiten auf sowie genetische Veränderungen und andere Schrecken mit katastrophalen Folgen für die zukünftigen Generationen. Nicht nur die atomare Bewaffnung, sondern auch chemische, biologische und andere Waffen, die zur Illusion der Übermacht und der Dominanz über die Umwelt führen, sind äußerst gefährlich. Diese Waffen schüren eine Atmosphäre der Angst und des Misstrauens und führen zu einem neuen Wettrüsten. 2.. Die Kirche Christi betrachtet prinzipiell den Krieg als Folge des Bösen und der Sünde in der Welt und unterstützt jede Initiative und Anstrengung zu seiner Verhütung und Abwendung durch Dialog und jedes andere geeignete Mittel. Im Fall, dass der Krieg unvermeidbar ist, wirkt die Kirche durch Gebet und Seelsorge für ihre Gläubigen, die in kriegerische Handlungen zur Verteidigung ihres Lebens und ihrer Freiheit verstrickt sind, und unternimmt alles zur schnellstmöglichen Wiederherstellung des Friedens und der Freiheit. 3.. Die Orthodoxe Kirche verurteilt entschieden die diversen Konflikte und die Kriege, die aus religiösem Fanatismus entfacht werden. Zutiefst beunruhigend ist das Ansteigen der Unterdrückung und Verfolgung der Christen und anderer Gemeinschaften aus Glaubensgründen im Nahen Osten und an anderen Orten sowie der Versuch der Auslöschung des Christentums an seinen Ursprungsorten. Dadurch werden die vorhandenen interreligiösen und internationalen Beziehungen bedroht und viele Chrusten sind gezwungen ihre Heimatorte zu verlassen. Die orthodoxen Christen auf der ganzen Welt leiden gemeinsam mit ihren christlichen Geschwistern und allen Verfolgten und rufen zur Findung einer gerechten und dauerhaften Lösung für die Probleme dieser Region auf. Auch werden die Kriege verurteilt, die aus Nationalismus entfacht werden und zu ethnischen Säuberungen, zu Grenzveränderungen und zu territorialen Besetzungen führen. V. Die Orthodoxe Kirche wendet sich gegen Diskriminierungen 1.. Der Herr lehnt als König der Gerechtigkeit (Hebr 7,2-3) die Gewalt und die Ungerechtigkeit ab (Ps 10,5) und verurteilt den unmenschlichen Umgang mit dem Nächsten (Mk 25,41-46; Jak 2,15-16). In Seinem Reich, das bereits jetzt auf Erden in Seiner Kirche abgebildet wird und präsent ist, gibt es keinen Raum für Hass, Feindschaft und Intoleranz (Jes 11,6; Röm 12,10). 2.. Die Position der Orthodoxen Kirche in dieser Frage ist eindeutig. Die Kirche glaubt, dass Gott „aus einem einzigen Menschen das ganze Menschengeschlecht erschaffen hat, damit es die ganze Erde bewohne“ (Apg 17,26) und dass es „nicht mehr Juden und Griechen, nicht Sklaven und Freie, nicht Mann und Frau gibt; denn alle sind «eins» in Christus Jesus“ (Gal 3,28) Auf die Frage „Und wer ist mein Nächster?“ antwortet Christus mit dem Gleichnis des Guten Samariters (Lk 10,25-37) und lehrt dadurch das Niederreißen jeder Trennwand der Feindschaft und der Vorurteile. Die Orthodoxe Kirche bekennt, dass jeder Mensch unabhängig von Hautfarbe, Religion, Herkunft, Geschlecht, Nationalität oder Sprache nach dem Bild und zur Ähnlichkeit Gottes geschaffen wurde und gleiche Rechte in der Gesellschaft genießt. Ihrem Glauben getreu akzeptiert die Orthodoxe Kirche keine Diskriminierungen aus den obigen Gründen, da dies eine unterschiedliche Wertschätzung der einzelnen Menschen bedeuten würde. 3.. Die Kirche respektiert die Menschenrechte und die Gleichbehandlung aller Menschen und bewertet die Anwendung dieser Prinzipien im Licht ihrer Lehre über die Sakramente, die Familie, die Stellung der zwei Geschlechter in der Kirche und die allgemeinen Werte der kirchlichen Tradition. Die Kirche hat das Recht, das Zeugnis ihrer Lehre in der Öffentlichkeit zu verkünden. VI. Die Aufgabe der Orthodoxen Kirche als dienendes Zeugnis der Liebe
1.. Die orthodoxe Kirche übt ihren heilsamen Dienst in der Welt aus und sorgt tätig für alle Menschen, die Hilfe benötigen, die Hungernden, die Mittellosen, die Kranken, die Behinderten, die Alten, die Verfolgten, die Verschleppten, die Gefangenen, die Obdachlosen, die Waisen, die Opfer von Katastrophen und kriegerischen Auseinandersetzungen, des Menschenhandels und der heutigen Formen der Sklaverei. Die Anstrengungen, welche die orthodoxe Kirche zur Bekämpfung der Armut und der sozialen Ungerechtigkeit unternimmt, sind ein Ausdruck ihres Glaubens und ihres Dienstes am Herrn selbst, der sich selbst mit jedem Menschen gleichgesetzt hat, besonders aber mit jenen, die in Not sind: „Was ihr für einen meiner geringsten Brüder getan habt, das habt ihr mir getan“ (Mt 25,40). In diesem vielfältigen sozialen Dienst kann die Kirche mit diversen sozialen Trägern zusammenarbeiten. 2.. Die Konflikte und Feindseligkeiten in der Welt führen zu Ungerechtigkeit und Ungleichheit bei der Teilhabe der Menschen und Völker an den Gaben der Schöpfung Gottes. Sie berauben Millionen Menschen ihrer Lebensgrundlagen und führen zu einer Entwürdigung der menschlichen Existenz, sie rufen massenhafte Migrationsbewegungen hervor und führen zu nationalen, religiösen und sozialen Zusammenstößen, welche den inneren Zusammenhalt der Gesellschaft bedrohen. 3. Die Kirche kann gegenüber den ökonomischen Zuständen, welche negativ die gesamte Menschheit beeinflussen, nicht indifferent bleiben. Sie besteht auf der Notwendigkeit, das die Ökonomie nicht nur auf moralischen Werten beruhen muss, sondern auch in der Praxis dem Menschen dienen muss, gemäß der Lehre des Apostel Paulus „dass man sich abmühen und der Schwachen annehmen soll, in Erinnerung an die Worte Jesu, des Herrn, der selbst gesagt hat: Geben ist seliger als nehmen“ (Apg 20, 35). Basilius der Große schreibt dass „Für einen jeden sei es nun der Zweck seines Wirkens, den Armen zu dienen, nicht aber der Eigennutz“ (Ausführliche Regeln 42, PG 31, 1025A). 4.. Die Kluft zwischen Reichen und Armen vergrößert sich dramatisch wegen der Wirtschaftskrise, die üblicherweise das Resultat eines grenzenlosen Gewinnstrebens seitens einiger ökonomischer Faktoren, der Anhäufung von Reichtum in den Händen weniger und einer einseitigen ökonomischen Aktivität ist, die, weil sie ohne Gerechtigkeit und Sensibilität für den Menschen handelt, letztendlich nicht die wahren Bedürfnisse der Menschheit befriedigt. Eine lebensfähige Wirtschaft ist jene, welche die Effektivität mit Gerechtigkeit und sozialer Solidarität verbindet. 5.. Unter diesem Gesichtspunkt müssen wir die besondere Verantwortung der Kirche im Kampf gegen den Hunger und jede Form von Armut in der Welt verstehen. Ein derartiges Phänomen unserer Zeit, in der die Länder unter dem Regime einer globalisierten Wirtschaft leben, offenbart eine tiefe Identitätskrise der heutigen Welt, denn der Hunger bedroht nicht nur die göttliche Gabe des Lebens für ganze Völker, sondern er berührt auch die Größe und Heiligkeit der menschlichen Person und gleichzeitig auch Gott selbst. Denn wenn die Sorge um unsere eigene Nahrung ein materielles Problem ist, so ist die Sorge um die Nahrung unseres Nächsten eine geistliche Angelegenheit (Jak 2, 14-18). Daher ist es für alle orthodoxen Kirchen eine äußerst wichtige Aufgabe, ihre Solidarität mit ihren armen Geschwistern zu bekunden und effektiv Hilfe für sie zu organisieren. 6.. Die heilige Kirche Christi umschließt in ihrem weltweiten Leib viele Völker der Erde; sie verkündet deshalb das Prinzip der Solidarität aller Menschen und unterstützt die engere Zusammenarbeit der Völker und Staaten zur friedlichen Beilegung von Streitigkeiten. 7.. Die Orthodoxe Kirche ist beunruhigt von dem zunehmenden Aufzwingen einer konsumorientierten Lebensweise, die über keine christlichen moralischen Werte verfügt. Dieser Konsumismus führt in Verbindung mit der säkularisierten Globalisierung tendenziell die Völker zum Verlust ihrer spirituellen Wurzeln, zu historischem Gedächtnisverlust und zu einem Vergessen der eigenen Tradition. 8.. Die Massenmedien stehen nicht selten unter dem Stern einer liberalen Globalisierung und machen sich so zum Sprachrohr der Verbreitung des Konsumismus und der Unmoral. Besondere Beunruhigung rufen Ereignisse hervor, deren Haltung gegenüber den religiösen Werten als respektlos, manchmal sogar als blasphemisch bezeichnet werden kann; so entstehen Spaltungen und Aufstände in der Gesellschaft. Die Kirche warnt ihre Kinder vor der Gefahr einer Beeinflussung des Gewissens durch die Massenmedien und ihre Nutzung nicht zur Annäherung der Menschen und der Völker, sondern zu ihrer Manipulation.
9.. Auf ihrem Weg, den die Kirche in Verkündigung und Ausübung ihres Heilsauftrags für die Menschheit beschreitet, begegnet sie immer häufiger dem Auswirkungen der Säkularisierung. Die Kirche Christi ist berufen, ihr prophetisches Zeugnis in der Welt neu zu formulieren und zu offenbaren; sie stützt sich dabei auf die Erfahrung des Glaubens und ruft gleichzeitig ihren eigentlichen Auftrag der Verkündigung des Reiches Gottes und der Pflege eines Bewusstseins der Einheit in ihrer Herde in Erinnerung. So eröffnet sich ein weites Feld für sie, da sie als wesentliches Element ihrer ekklesiologischen Lehre der geteilten Welt die eucharistische Gemeinschaft und Einheit verkündet. 10.. Das Streben nach ständigem Wachstum des Wohlstands und der ungezügelte Konsum führen zu einer nicht angemessenen Nutzung und zum Versiegen der natürlichen Ressourcen, Die Schöpfung Gottes, die dem Menschen anvertraut wurde, „damit er sie bebaue und hüte“ (vgl. Gen 2,15) erfährt die Folgen der menschlichen Sünde: „Die Schöpfung ist der Vergänglichkeit unterworfen, nicht aus eigenem Willen, sondern durch den, der sie unterworfen hat; aber zugleich gab er ihr Hoffnung: Auch die Schöpfung soll von der Sklaverei und Verlorenheit befreit werden zur Freiheit und Herrlichkeit der Kinder Gottes. Denn wir wissen, dass die gesamte Schöpfung bis zum heutigen Tag seufzt und in Geburtswehen liegt“ (Röm 8, 20-22). Die ökologische Krise, die mit den klimatischen Veränderungen und der Erderwärmung zusammenhängt, macht die Pflicht der Kirche, mit den ihr zur Verfügung stehenden geistlichen Mitteln zur Bewahrung der Schöpfung Gottes vor den Folgen der menschlichen Unersättlichkeit beizutragen, noch zwingender. Die Gier nach Befriedigung materieller Bedürfnisse führt zu einer geistlichen Verarmung des Menschen und zur Zerstörung der Umwelt. Es darf nicht vergessen werden, dass der natürliche Reichtum der Erde nicht dem Menschen gehört, sondern dem Schöpfer: „Dem Herrn gehört die Erde und was sie erfüllt, der Erdkreis und seine Bewohner“ (Ps 23,1). Deshalb betont die Orthodoxe Kirche den Schutz der Schöpfung Gottes, um so die Verantwortung des Menschen für die gottgegebene Schöpfung zu unterstreichen und um die Tugenden der Genügsamkeit und der Enthaltsamkeit ins Gedächtnis zu rufen. Wir müssen daran erinnern, dass nicht nur die heutigen, sondern auch die künftigen Generationen ein Anrecht auf die natürlichen Ressourcen haben, die uns der Schöpfer geschenkt hat. 11.. Für die Orthodoxe Kirche ist die Möglichkeit der wissenschaftlichen Erforschung der Welt ein gottgegebenes Geschenk an den Menschen. Gleichzeitig zeigt die Kirche jene Gefahren auf, die sich hinter der Nutzung bestimmter wissenschaftlicher Forschungsresultate verbergen. Sie ist der Auffassung, dass der Wissenschaftler zwar frei ist zu forschen, aber auch dass er seine Forschung abbrechen muss, wenn grundlegende christliche und humanitäre Prinzipien verletzt werden: „Alles ist mir erlaubt - aber nicht alles nützt mir.“ (1 Kor 6,12) und „Das Gute ist nicht gut, wenn es nicht auf gute Weise geschieht“ (Gregor der Theologe, Theologische Rede 1,4, PG 36,16 C). Diese Haltung der Kirche erweist sich häufig auch notwendig, um die Grenzen der Freiheit der Wissenschaft und der Anwendungen ihrer Ergebnisse fast in allen ihren Bereichen, insbesondere der Biologie zu ziehen, wo neue Forschungsergebnisse, aber auch Gefahren zu erwarten sind. Gleichzeitig unterstreichen wir die unumstößliche Heiligkeit des menschlichen Lebens vom Beginn seiner Empfängnis
12.. In den letzten Jahren ist eine sprunghafte Entwicklung der biologischen Wissenschaften und der damit verbundenen Biotechnologie zu verzeichnen; viele ihrer Errungenschaften werden als hilfreich für den Menschen empfunden, andere führen zu ethischen Dilemmas, andere wiederum sind abzulehnen. Die Orthodoxe Kirche glaubt, dass der Mensch nicht eine einfache Anhäufung von Zellen, Gewebe und Organen ist oder lediglich durch biologische Faktoren definiert ist. Der Mensch ist „nach dem Bild“ Gottes geschaffen, deshalb muss jede Erwähnung mit dem gehörigen Respekt geschehen. Die Erkenntnis dieses Grundprinzips führt dazu, dass sowohl bei der wissenschaftlichen Forschung als auch bei der praktischen Anwendung der neuen Entdeckungen und Erfindungen das absolute Anrecht eines jeden Menschen auf Respekt und Ehre zu jedem Zeitpunkt seines Lebens ebenso wie der Wille Gottes, der bei seiner Schöpfung offenbar wurde, gewahrt bleiben muss. Die Forschung muss ethische und spirituelle Prinzipien und die christlichen Vorschriften berücksichtigen. Der nötige Respekt muss auch der gesamten Schöpfung Gottes bezeugt werden, sowohl bei ihrer Nutzung durch den Menschen, als auch bei der Forschung, so wie dem Auftrag Gottes an ihn entspricht (Gen 2,15). 13.. In diesen Zeiten der Säkularisierung ist es besonders notwendig, im Angesicht der geistigen Krise, welche die heutige Zivilisation kennzeichnet, die Heiligkeit des Lebens hervorzuheben. Das falsche Verständnis der Freiheit als Libertinismus führt zu einem Anstieg der Kriminalität, zur Zerstörung und Schändung jener Werte, die es zu respektieren gilt, zum Mangel an Respekt vor der Freiheit des Nächsten und der Heiligkeit des Lebens. Die orthodoxe Tradition hat sich aus der tätigen Anwendung der christlichen Wahrheiten entwickelt und ist gekennzeichnet von Spiritualität und asketischem Ethos, welches es besonders in unserer Zeit hervorzuheben und zu verbreiten gilt. 14.. Die besondere pastorale Fürsorge der Kirche für die Jugend, um diese zu Christus zu führen, ist ihr ständiger und unumstößlicher Auftrag. Die Kirche erwartet die Neuschöpfung aller Dinge in dem einen Leib Christi, ruft jedem Menschen ins Gedächtnis, dass Christus wiederkommen wird, „Lebende und Tote zu richten“ (1 Petr 4,5) und dass „seines Reiches kein Ende sein wird“ (LK 1,33). Es versteht sich von selbst, dass die pastorale Verantwortung der Kirche sich auch auf die gottgegebene Institution der Familie erstreckt, die von jeher und unbedingt auf dem heiligen Sakrament der christlichen Ehe als Einheit von Mann und Frau basiert, welche die Einheit von Christus und Seiner Kirche (Eph 5,32) abbildet. Dies ist besonders aktuell, da in einigen Ländern eine rechtliche Anerkennung und in einigen christlichen Gemeinschaften eine theologische Grundlegung von Lebensgemeinschaften zu verzeichnen ist, die der christlichen Tradition und Lehre nicht entsprechen. 15.. In der heutigen Zeit und seit jeher richtet sich die prophetische und pastorale Stimme der Kirche, das erlösende Wort vom Kreuz und der Auferstehung, an das Herz des Menschen und ruft diesen gemeinsam mit dem Apostel Paulus auf, bedacht zu sein, auf das „was immer wahrhaft, edel, recht, was lauter, liebenswert, ansprechend ist, was Tugend heißt und lobenswert ist“ (Phil 4,8), Die Kirche verkündet die opfernde Liebe unseres gekreuzigten Herrn als einzigen Weg zu einer Welt des Friedens, der Gerechtigkeit, des Friedens und der Liebe zwischen den Menschen und den Völkern, deren einziger Maßstab der Herr, der sich für das Leben der Welt geopfert hat (vgl. Offb 5,12); also die unendliche Liebe des Dreifaltigen Gottes, des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Ihm sei die Ehre und die Herrschaft in die Ewigkeit der Ewigkeit. Amen.
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